Call Me By Your Name ist eine Liebesgeschichte – ein Liebesfilm – über die erste Liebe.
In der Lombardei der 80er Jahre verbringt der 17-Jährige Elio den Sommer auf dem Feriendomizil seiner Eltern. Sein Vater, ein renommierter Professor für Geschichte und Archäologie, lädt für die Ferienzeit einen Studenten namens Oliver aus den USA auf sein Domizil ein, damit dieser ihm bei seiner Forschungsarbeit assistieren und gleichzeitig seine Dissertation verfassen kann.
Zu Beginn stellt sich Oliver als ein gewisser Fremdkörper dar. Elio, der dort seine Zeit verbringt, Musik hört, Mädchen nachstellt und vielen verschiedenen Tätigkeiten nachgeht, wird dann aber langsam auf Oliver aufmerksam und die beiden nähern sich einander, inmitten der sommerlichen Umgebung Norditaliens, an.
Dabei könnte man den Film plakativ auf die Thematik der Homosexualität reduzieren, aber das ginge völlig an der Erzählung vorbei, die das selbst nicht ins Zentrum stellt, sondern primär eine Geschichte über die erste Liebe erzählt. Über die ersten Erfahrungen Elios, über die Annäherung der Beiden und dabei selbst nicht reduziert, sondern die Handlung möglichst sinnlich mit einer großartigen Atmosphäre einfängt und durch die Umgebung in Kombination mit der Musik ein besonderes Gefühl der Leichtigkeit transportiert.
Der Regisseur Luca Guadagnino setzt dies großartig um. Tolle Kamerafahrten und -Einstellungen; er macht es sich in der Erzählung aber nicht zu einfach, sondern lässt auch Grauzonen zu. Denn es geht nicht nur um jene Liebesgeschichte zwischen dem US-Austauschstudenten Oliver und dem Sohn des Professors Elio, sondern auch darüber hinaus über die Entdeckung und Findung der eigenen Sexualität. So sucht Elio auch den Kontakt zu Mädchen und so erweitert sich die Handlung durch abseitige Beziehungen und Affären.
Timothée Chalamet spielt Elio wirklich hervorragend; Army Hammer als Oliver kann da nicht in jeder Szene Timothée Chalamet das Wasser reichen, an einigen Stellen wirkt er durchaus künstlich, aber im großen und ganzen fügt sich seine schauspielerische Leistung sehr gut in das Gesamtbild des Filmes ein.
Was Call Me By Your Name aber so auszeichnet, ist die Tatsache, dass keine, wie es Liebesgeschichten oft machen, besonderen Hindernisse konstruiert werden oder anderweitig besonderen Ausgangssituationen, wie schwierige soziale Verhältnisse, im Weg stehen, sondern sich, die aus der Perspektive einer Professorenfamilie, somit einem intellektuellen Hintergrund, erzählten Geschichte, gänzlich auf die Sinnlichkeit und Erfahrungswelt der Liebesbeziehung konzentriert.
Es wird Französisch gesprochen, Italienisch gesprochen, Englisch gesprochen, an einer Stelle des Films findet sogar die deutsche Sprache Einzug, so präsentiert sich der Film durchaus auch als intellektueller Film, wenngleich nicht mit der thematischen Zugänglichkeit einer Liebesgeschichte, sondern seiner Ästhetik, Darstellung und dem Rahmen, in dem er die Liebesbeziehung erzählt.
Trotz dieses eher speziellen Rahmens, werden die handelnden Personen vor die exakt gleichen Gefühlswelten, Emotionen und Erfahrungen gestellt, wie in jeder anderen Liebesgeschichte auch, egal ob Reich, Arm, Intellektuell, aus dem Bürgerturm oder der Arbeiterklasse stammend – die Geschichte der Liebe steht über diesen Verhältnissen. Hier nicht aber mit einem politisch-ideologischen Hintergrund, der die Liebe als Kritik an bestehenden Gesellschaftsverhältnissen instrumentalisiert, sondern als eine Erfahrung, eine tief menschliche Erfahrung, die den Menschen als solches auszeichnet.
Es ist die einfache Geschichte der ersten Liebe. Die Liebe Elios, eines 17-Jährigen Jungen, emotional und atmosphärisch großartig umgesetzt. Dabei lässt sich der Film die Zeit, um das Kennenlernen und die Liebe aufzubauen. Vielleicht schwelgt der Film an der ein oder anderen Stelle dabei in zu langen und zahlreichen Landschaftsaufnahmen, um die wunderschöne Lombardei einzufangen. Die Gefühle dabei werden perfekt transportiert und man hat förmlich das Gefühl die Sonnenstrahlen auf der Haut spüren zu können und von der sommerlichen Liebesatmosphäre mitgetragen zu werden.
Im letzten Akt erklimmt der Film dann aber neue qualitative Höhen, liefert an emotionalen Bandbreiten ab und präsentiert einen Monolog Elios Vater, der in der Filmwelt seinesgleichen sucht, über diesen Film hinaus strahlt, im Gedächtnis bleibt und die Erinnerung intensiviert.
Eine glaubwürdige und inspirierende Liebesgeschichte. Emotional, gefühlvoll und sehr sinnlich wird diese Geschichte im Rahmen seiner sommerlich-norditalienischen Atmosphäre nachfühlend und schön erzählt. Dabei zu keinem Zeitpunkt plakativ, sondern stehts sehr reduziert in der Handlung, sodass die Erfahrungs- und Gefühlswelt des Protagonisten im Zentrum steht.